Pavillon der Stille - Treffpunkt der Ökumene in Burghausen
Zum Abschluss der kurzen Andacht beten die Besucher in dem kleinen Pavillon noch ein gemeinsames Vaterunser und fassen sich dabei zu einem Gebetskreis an den Händen. Nach dem Segen und der Verabschiedung leert sich das schlichte Bauwerk allmählich, die zahlreichen Besucher treten über die lang gestreckte Anlage der Burghauser Burg ihren Heimweg an. Nur eine Handvoll Frauen und Männer bleiben noch zurück, um die verteilten Liederzettel, einzelne Handlaternen zusammen mit ein paar Utensilien zu verstauen, eine Gitarre verschwindet im wetterfesten Futteral. Es ist später Nachmittag und wir blicken gerade auf einen der vielen Sonntage im laufenden Kirchenjahr an denen der „Ökumenische Arbeitskreis" der Stadt Burghausen eine seiner gut besuchten Andachten um „5 vor 5“ im Pavillon auf der Burg absolviert hat. Ja, dieser Pavillon und der „Ökumenische Arbeitskreis“ in seiner jetzigen Form sind in engerWeise miteinander verbunden. Seit etwas mehr als fünf Jahren finden hier diese Andachten statt, vorher gab es dort nur einen leeren Platz, eingerahmt von den Mauern und Gebäuden des fünften Burghofes. In diesem Zeitraum entwickelte sich der Pavillon immer stärker zu einem Synonym für gelebte Ökumene, aber das ist eine längere Geschichte.
Wie in vielen Gemeinden unseres Landes gab es auch in Burghausen schon seit geraumer Zeit eine Reihe ökumenischer Aktivitäten zwischen den katholischen Pfarreien und der evangelischen Gemeinde mit unterschiedlich starker Ausprägung. Wir feierten zusammen ökumenische Gottesdienste zum Buß- und Bettag sowie in der Gebetswoche zur Einheit der Christen oder führten gelegentliche Diskussionsabende mit konfessionellen Themen durch, darüber hinaus gab es eine Reihe verschiedener Aktivitäten, die mit relativ großen Zwischenräumen im Kirchenjahr angesiedelt waren. Diese Zusammenarbeit lief recht gut, die Wahrnehmung der ökumenischen Zusammenarbeit nach außen hin war aber nicht so stark ausgeprägt wie sich das der ökumenische Arbeitskreis mit seinen Aktionen manchmal gewünscht hatte.
Vielleicht wäre das auch heute noch der Fall, hätte da nicht ein kräftiger Impuls dem Ganzen neuen Schwung von unerwarteter Seite her verliehen. Im Jahr 1999 bewarb sich die Stadt Burghausen für die Landesgartenschau 2004. Nachdem die Stadt den Zuschlag für die Ausrichtung bekommen hat, stieg sie rasch in die konkrete Planungsphase ein. Schon im frühen Stadium richtete die Stadt eine Anfrage an die hiesigen Kirchen über die Bereitschaft, sich mit einem eigenen Beitrag zu diesem Vorhaben einzubringen. Auf diese Weise könnten sie den Besuchern aus allen Teilen Bayerns ihre Präsenz als aktiver Teil der Gesellschaft auch auf diesem Gebiet zum Ausdruck bringen. Nach einigen klärenden Diskussionen innerhalb der vier katholischen Pfarreien und der evangelischen Kirchengemeinde im Stadtgebiet fiel die Entscheidung für dieses Vorhaben mit großer Mehrheit.
In einem ersten, wichtigen Schritt machte sich der neue Arbeitskreis auf die Suche nach einem geeigneten Konzept für den geplanten Beitrag. Er sollte sich einerseits in das prägende Gesamtkonzept einer Gartenschau einfügen, andererseits aber in seiner Gestaltung die Handschrift christlicher Ausrichtung zum Ausdruck bringen.
Aus dem vagen Dunstkreis erster Ideensammlungen formte sich nach mehreren Treffen des Ökumenekreises schrittweise ein konkretes Projekt mit eigen-ständiger Note: Ein biblischer Garten sollte entstehen und damit einen Bogen zwischen diesen beiden Polen spannen. Nach mehreren Gesprächsrunden, die sich mit der Detailpianung des Vorhabens befassten, ging es mit vielen freiwilligen Helfern an die Umsetzung des Projektes. Von da an herrschte täglich ein reges Treiben auf der weiträumigen Baustelle. Die Zeit drängte. In schier unzähligen Arbeitsstunden bei teilweise widrigen Witterungsbedingungen entstand, von Passanten manchmal skeptisch oder aber auch bewundernd betrachtet, in einer beispiellosen ökumenischen Gemeinschaftsaktion dieser Biblische Garten. Im April 2004 war es dann nach der arbeitsreichen Zeit der Bauausführung endlich soweit, die feierliche Eröffnung stand vor der Tür. Mit einem großen Aufgebot an Politprominenz, begleitet von zahllosen Besuchern erfolgte der Startschuss zu diesem Großereignis. Rundfunk und Fernsehen sowie zahlreiche Korrespondenten der Presse widmeten diesem Ereignis mit ausführlichen Beiträgen und eindrucksvollen Bildern einen breiten Raum ihrer Berichterstattung. Kurz darauf, am ersten Wochenende nach der Eröffnung folgte ein weiterer Höhepunkt. Der Passauer Bischof Wilhelm Schraml und die Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler feierten zusammen mit den Ortsgeistlichen und vielen Besuchern aus der Region einen eindrucksvollen ökumenischen Gottesdienst auf dem Hauptgelände. Bei den anschließenden Rundgängen über das weitläufige Gelände mit seiner dezentralen Anordnung kam immer wieder das Staunen der Besucher über die bunte Vielfalt an Blumen, Sträuchern und Bäumen sowie einer Reihe verschiedener Attraktionen zum Ausdruck.
Der Biblische Garten im fünften Burghof lag zwar etwas abseits vom Zentrum des Geschehens, aber auch hier fanden sich immer wieder viele Besucher ein und nahmen das dargebotene Konzept mit sichtbarer Bewunderung auf. Eine Vielfalt von Pflanzen, die in der Bibel an verschiedenen Stellen beschrieben werden, konnten hier betrachtet werden. Mehrere Themenwege luden die Besucher zu interessanter Spurensuche nach ausgewählten Stellen in der Bibel ein. Da führte ein Weg von der Wüste in das gelobte Land oder an anderer Stelle markierten stachelige Disteln ein kurzes Wegstück, das die Vertreibung aus dem Paradies zum Thema hatte. In der Mitte des Biblischen Gartens fiel sogleich ein schlichter Holzbau mit seiner strengen Geometrie ins Auge: „Der Pavillon der Stille“. Dieser Pavillon wurde errichtet, um die Besucher nach einem anstrengenden Rundgang in der Hitze eines Sommertages zu einer kurzen Rast und innerer Einkehr einzuladen und er wurde gerne besucht, um die Stille des Raumes wohltuend und erholend in sich aufzunehmen. Eines besonders guten Besuches erfreute sich der Pavillon zu den täglichen Andachten um „5 vor 5“, vorbereitet und gestaltet von allen Gruppierungen aus den Pfarrgemeinden des Stadtgebietes. Insgesamt 164 Andachten, Mediationen und verschiedene Formen des gemeinsamen Gebetes führten viele Besucher immer wieder hier her. Wie zahlreiche Einträge im Gästebuch des Pavillons mit ihren Rückmeldungen zeigen, kamen diese Aktionen sehr gut an und die Besucher aus nah und fern nahmen manches davon mit nach Hause. Ein Wort aus der Schrift etwa, das sie besonders anrührte, einen Gedanken aus den Fürbitten, der sie zum Nachdenken anregte oder einfach das Gefühl der Geborgenheit mitten in einer Gemeinschaft, die sich für kurze Zeit hier gefunden hatte.
So sehr sich die Verantwortlichen über das positive Echo und den allseits guten Zuspruch freuten, trübte der Blick auf den Kalender im Hinblick auf das nahende Ende der Gartenschau doch spürbar auf deren Stimmung. In zunehmendem Maße drängte sich die bange Frage in den Raum, was passiert mit dem Biblischen Garten, wenn die Landesgartenschau im Oktober ihre Pforten schließt? Soll dann alles vorbei sein? Wie kann es weitergehen und wer soll es weiterführen? Von Beginn an war ja abzusehen, dass der biblische Garten zurückgebaut werden musste, denn er stand gewisser-maßen als Fremdkörper auf dem Burggelände, das der Bayrischen Schlösser- und Seenverwaltung gehört. Aber vielleicht könnte es wenigstens für den Pavillon der Stille, der vielen Burghauser Bürgern ans Herz gewachsen ist, noch eine Chance für die Verlängerung seiner Standzeit geben. Mit gemischten Gefühlen wurde dazu ein Versuch unternommen und mit der Unterstützung der Stadt Burghausen erreichten wir beim Eigentümer die Vereinbarung, dass der Pavillon noch so lange stehen bleiben darf, wie er seiner Bestimmung gemäß regelmäßig genutzt wird. Der ökumenische Arbeitskreis aber auch viele der treuen Besucher unserer „5 vor 5“-Andachten nahmen diese Entscheidung mit Freude auf. Das bedeutete aber auch, dass von diesem Zeitpunkt an die Verantwortung für die Planung und Durchführung dieser Andachten auf unseren Schultern ruhen würde.
Mit dieser Verpflichtung setzte eine weitere Intensivierung der ökumenischen Zusammenarbeit ein. In regelmäßigen Treffen erarbeiteten die engagierten Mitglieder die Themen für die Andachten, legten die Termine fest und trafen Vorbereitungen für deren Durchführung. Große Unterstützung erfuhren wir hierzu von den hiesigen Pfarreien und Kirchengemeinden, denn die Termine unserer Andachten wurden regelmäßig in den Pfarrbriefen und den Verkündungen zu den Gottesdiensten bekannt gegeben. Auch in der Lokalpresse fanden wir stets stets ein offenes Ohr für unsere Sache. Auf diese Weise erreichten wir immer gute Besucherzahlen in „unserem“ Pavillon. Die Themen der Andachten orientierten sich nach den Vorgaben des Kirchenjahres. Für die Sonntage in der Advents- und Fastenzeit standen des öfteren größere Themenfelder auf dem Programm. So gab es vor einiger Zeit für die vier Fastensonntage einmal die Themenreihe „Wege mit dem Kreuz“. Diese Wege waren gesäumt von den Symbolen „Leid, Trauer, Gebet und Hoffnung“. Jeweils eines dieser Symbole stellte dann den thematischen Mittelpunkt zu den sonntäglichen Andachten.
Ende Juni feierten wir mit einem Rückblick auf unser fünfjähriges Wirken wieder eine Andacht im Pavillon. Mit dem gewählten Motto: „Dem Schöpfer ist jedes Unkraut eine Blume“ griffen wir ein Thema aus der Zeit der Landesgartenschau auf und warfen einen dankbaren Blick zurück in die Gründerzeit des ökumenischen Arbeitskreises. Die Besucher freuten sich mit uns über das kleine Jubiläum und mit ein wenig Stolz erfüllte uns ihre Bitte, mit diesen Andachten um „5 vor 5“ im vertrauten „Pavillon der Stille“ noch recht lange weiter zu machen ….
Wolfgang Fauska
(für den ökumenischen Arbeitskreis Burghausen)